07.11.2025

Hochschulen wehrhaft gegen Antisemitismus: Jetzt Reformen und Prävention sichern!

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 hat sich die Zahl antisemitisch motivierter Straftaten in besorgniserregendem Ausmaß erhöht. So hat die Polizei in diesem Jahr bislang mehr als 3.200 antisemitische Straftaten registriert. Dabei handelt es sich um eine Verdopplung im Vergleich zu dem Vorjahreszeitraum. Um das ganze Ausmaß des wieder aufstrebenden Antisemitismus innerhalb der deutschen Landesgrenzen zu skizzieren: Seit dem Beginn des Überfalls der Hamas auf Israel wurden insgesamt fast 8.500 Straftaten registriert, die laut Angaben der Polizei als politisch motivierte Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt stehen. Diese gesellschaftliche Entwicklung spiegelt sich ebenso in deutschen Hochschulen und Universitäten. Jüdische Studierende sehen sich zunehmend Anfeindungen und Bedrohungen ausgesetzt, die von verbalen Angriffen bis hin zu körperlicher Gewalt reichen. Die aktuelle Situation erfordert dringend eine Anpassung der hochschulrechtlichen Rahmenbedingungen, um solchen Vorfällen effektiv begegnen zu können. Leider zeigt die bisherige Praxis, dass wirkungsvolle Sanktionen, wie die Zwangsexmatrikulation, in der Regel kaum angewendet werden. Dies liegt einerseits an der Zurückhaltung der Hochschulen, solche Maßnahmen aufgrund der damit verbundenen Grundrechtseinschränkungen durchzuführen. Andererseits ist es nicht allen Bundesländern möglich, sanktionierende Konsequenzen zu vollziehen, da das geltende Hochschulrecht des jeweiligen Bundeslandes diese nicht immer zulässt – insbesondere die Maßnahme der Exmatrikulation durch die Hochschulen und Universitäten. Es ist für uns Junge Liberale Bayern daher unerlässlich, dass die bislang geltenden Regelungen und Verfahren so angepasst werden, dass sie tatsächlich zur Anwendung kommen, um die Sicherheit aller Studierenden zu gewährleisten zu können. Der Bayerische Aktionsplan gegen Antisemitismus. Dieses Ziel verfolgt auch die Bayerische Staatsregierung mit ihrem Fünf-Punkte- Aktionsplan, der dafür sorgen soll, Hass gegen jüdische Studierende an deutschen Hochschulen einzudämmen und bei Auftreten zu sanktionieren. Wir Junge Liberale Bayern befürworten den Aktionsplan der Bayerischen Staatsregierung, sind jedoch davon überzeugt, dass es mehr als fünf Maßnahmen benötigt, um insbesondere effiziente Prävention, wirkungsvolle Sanktionierung und Nachhaltigkeit in Bezug auf die Reduzierung antisemitischer Handlungen zu gewährleisten. Unser Maßnahmenpaket gegen den wiederaufstrebenden Antisemitismus an deutschen Hochschulen. Vor diesem Hintergrund und dem müssen die folgenden Maßnahmen aufgegriffen und möglichst unkompliziert Umsetzung finden:

1. Reform des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG):

Wir appellieren primär an den Freistaat Bayern, jedoch auch an alle deutschen Bundesländer, möglichst einheitliche gesetzliche Regelungen zu schaffen, die deutsche Hochschulen und Universitäten die Möglichkeit einräumen, Studierende bei besonders schwerwiegenden nachweisbaren Fällen antisemitischen Verhaltens zwangsexmatrikulieren zu können. Im Konkreten fordern wir eine Reform des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG) nach dem Vorbild des §51a der nordrhein-westfälischen Hochschulordnung (HO), welcher es bei Ordnungsverstößen durch Studierende an Hochschulen und Universitäten erlaubt, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Diese Reform soll einen differentierten Maßnahmenkatalog im Falle von Ordnungsverstößen durch Studierende einer Hochschule bzw. einer Universität beinhalten, sodass diese Institutionen bei antisemitischen Äußerungen und Handlungen konsequent durchgreifen können, indem sie aus einer Sammlung verschiedener Sanktionsmöglichkeiten unterschiedliche Verstöße angemessen sanktionieren. Dabei sollen sie in der Wahl des adäquaten Sanktionsinstruments autonom und flexibel entscheiden können. Ein mögliches Kriterium könnte etwa die Schwere des antisemitischen Vorfalls darstellen. An dieser Stelle sprechen wir Junge Liberale Bayern uns außerdem für die Zwangsexmatrikulation als mögliche Sanktionierung aus. Wichtig ist hier insbesondere, dass sich die Schwere der Äußerungen an der freiheitlich-demokratischen Grundordnung orientieren muss sowie eine Abgrenzbarkeit zu Israelkritik möglich ist. In allen Fällen muss zuerst eine Warnung ausgesprochen werden bzw. ein verpflichtendes Gespräch mit den Antidiskriminierungsbeauftragten durchgeführt werden. Wir sind uns des grundrechtseingreifenden Charakters dieser Maßnahme bewusst, weshalb sie als Ultima Ratio durch die Hochschule bzw. Universität zu wählen ist. Vor einer durchgeführten Exmatrikulation muss mindestens einmal eine Androhung dieses Vorgehens erfolgt sein. Vor diesem Hintergrund muss die Wahl der geeigneten Sanktionierung unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Durch eine solche Reform des Bayerischen Hochschulrechts wollen wir sicherstellen, dass das studentische Umfeld an Hochschulen und Universitäten für alle Studierende, auch diejenigen jüdischen Glaubens, sicher bleibt und antisemitische Handlungen keine Duldung finden. Eine entsprechende Aktualisierung des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes würde nicht nur eine wichtige Voraussetzung für Hochschulen und Universitäten darstellen, konsequente Maßnahmen in Betracht zu ziehen, sondern auch deren Autonomie erhöhen, um diese letztlich auch effektiv umsetzen zu können.

2. Selbstverständnis der Hochschulen und rechtliche Verankerung:

Um eine effektive Bekämpfung von Antisemitismus zu gewährleisten, ist es notwendig, die Zuständigkeit der Hochschulen für disziplinarische Maßnahmen zu erweitern und gesetzlich festzuschreiben. Hochschulen müssen ihre Rolle als Orte der Vielfalt und Toleranz aktiv wahrnehmen und dürfen antisemitisches Verhalten nicht länger dulden, gleichzeitig bleiben Hochschulen in der Verantwortung argumentativ und aufklärerisch tätig zu sein.

3. Verbesserung der Rahmenbedingungen und Schutzmaßnahmen:

Neben den rechtlichen Anpassungen ist auch eine Sensibilisierung der Hochschulen und Universitäten für ihre Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus notwendig. Die vorhandenen rechtlichen Rahmenbedingungen reichen oft nicht aus oder werden nicht konsequent umgesetzt. Hochschulen sollten verpflichtet werden, antisemitisches Verhalten nicht nur innerhalb der Universitäten zu ahnden, sondern auch bei relevanten außeruniversitären Vorfällen zu handeln, die die Hochschulgemeinschaft betreffen.

Für uns JuLis Bayern ist klar: Wir wollen die Rahmenbedingungen an bayerischen Hochschulen und Universitäten verbessern. Dazu bedarf es nach unserer Auffassung: Hochschulen sollten verpflichtet werden, ein klar definiertes und für alle leicht zugängliches Meldesystem für diskriminierende Vorfälle zu etablieren. Dies kann in Form einer anonymen Online- Plattform geschehen, die eine niedrigschwellige Möglichkeit bietet, Vorfälle zu melden. Ziel ist es, die Dunkelziffer der Fälle aufzudecken und Vorfälle umfassend zu dokumentieren. Hochschulen sollten verpflichtet werden, antisemitische Vorfälle systematisch zu dokumentieren und regelmäßig Berichte zu veröffentlichen. Diese Berichte könnten als Grundlage dienen, um den Erfolg der Maßnahmen zu bewerten und die Öffentlichkeit zu informieren.

4. Verpflichtende Sensibilisierungs- und Bildungsinitiativen:

Um antisemitische Vorfälle wirksam zu verhindern, müssen nicht nur Sanktionen verschärft, sondern auch präventive Maßnahmen ergriffen werden. Bildungsinitiativen, die das Bewusstsein für die Bedeutung des Schutzes jüdischer Studierender schärfen, sind unverzichtbar. Diese Initiativen sollten nicht nur auf Studierende abzielen, sondern auch das Hochschulpersonal einbeziehen, um eine umfassende Sensibilisierung zu gewährleisten. Es muss klar sein, dass jede Form von Antisemitismus nicht toleriert wird und die Hochschulen ihre Verantwortung im Umgang mit solchen Vorfällen ernst nehmen. Durch regelmäßige Veranstaltungen, wie z.B. Dialogabende oder Workshops, die von jüdischen Gemeinden oder Antidiskriminierungsorganisationen unterstützt werden, können Vorurteile abgebaut und der Zusammenhalt gestärkt werden.

5. Förderung eines sicheren und inklusiven Hochschulumfelds:

Sanktionierungen sind dann angebracht, um bereits erfolgten antisemitischen Handlungen mit entsprechenden Konsequenzen zu entgegnen. Darüber hinaus wollen wir Junge Liberale Bayern bereits in der Prävention ansetzen, um ein sicheres und inklusives Umfeld für alle Studierenden zu fördern.

Wir Junge Liberale Bayern fordern daher: Die Bereitstellung eines für insbesondere jüdische Studierende geeigneten Unterstützungsdienstes in Form einer zentralen Anlaufstelle. Auch hier soll sich der Freistaat Bayern an der Anlaufstelle für Betroffene von Antisemitismus in Nordrhein-Westfalen orientieren. Das Ziel dieser Stelle soll es sein, dass Betroffene antisemitischer verbaler oder gar physischer Angriffe zu unterstützen und beratend zu begleiten. Dazu gehört vor allem eine Erstberatung für die Betroffenen antisemitischer Vorkommnisse, die neben Handlungsmöglichkeiten auch eine potenzielle strafrechtliche Relevanz aufzeigen soll. Eine kooperative Zusammenarbeit mit jüdischen Gemeinden, Organisationen und spezialisierten Beratungsstellen stellt für uns dabei eine elementare Grundlage für dieses Vorhaben dar. Die Finanzierung dieser Anlaufstelle ist durch (staatliche) Förderung sicherzustellen.

Antragsteller: JuLis Unterfranken

Gültigkeit: 5 Jahre

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