Beschluss des Landesvorstands der Jungen Liberalen Bayern zum Thema ACTA

1. ACTAs Entstehungsgeschichte ist demokratisch bedenklich und setzt ein falsches Zeichen für die Zukunft
ACTA wurde seit 2008 nichtöffentlich verhandelt. Einzelne Details – bspw. über geplante Internetbeschränkungen – kamen nur durch zufällige Leaks an die Öffentlichkeit. Ein Vertrag, der das Verhältnis von individuellen Freiheitsinteressen zu den Interessen einer Industrie regelt, darf nach unserer Auffassung nicht ohne Beteiligung bürgerlicher Interessenvereinigungen entstehen. Mit der Trans-Pacific Partnership (TPP) wird zur Zeit ein weiterer Vertrag geheim verhandelt, der nach momentanem Kenntnisstand starke Urheberrechtsauflagen beinhalten soll; mit der Ablehnung von ACTA zeigen wir auch, dass wir eine Praxis solcher Verhandlungsformen nicht etablieren wollen.
 
2. ACTA selbst ist intransparent
Häufige Vorwürfe der ACTA-Gegner beinhalten drohende Einschränkungen der Internet-Kommunikation durch Überwachungspflichten der Provider oder Sanktionen wie dem 3-Strikes-Modell. Tatsächlich fanden sich in früheren, geleakten Fassungen des Vertrages solche freiheitsbeschneidenden Inhalte – diese wurden jedoch zwischenzeitlich wieder entfernt und durch andere Formulierungen ersetzt. Die finale Fassung ist dabei jedoch so vage gehalten, dass sich diese Inhalte wieder hineininterpretieren ließen. Der tatsächliche Vertragsinhalt wird somit zu einer Auslegungsfrage – und damit auf jeden Fall zur Steilvorlage für mächtige Interessensgruppen, die sich für weitere Überwachungsmaßnahmen stark machen. Verhandlungsprotokolle, die Einsicht in die endgültigen Ziele der Verhandlungsparteien ermöglichen könnten, wurden bislang nicht veröffentlicht. Ein Vertrag aber, bei dem nicht klar ist, zu was sich die Vertragspartner genau verpflichten, ist abzulehnen.
 
3. ACTA verhindert dringende Reformen im Urheberrecht
Durch seine Zementierung etablierter Ansichten im Urheberrecht begrenzt ACTA den Gestaltungsspielraum bei der längst überfälligen Debatte des Urheberrechts in der digitalen Gesellschaft. Man muss nicht die Ablehnung des Urheberrechts teilen, wie es stellenweise etwa von der Piratenpartei vertreten wird, um zu erkennen, dass die bisherigen Regelungen auf diesem Gebiet einer Reform bedürfen. Unter Berücksichtigung der technischen Weiterentwicklung müssen Lösungen gefunden werden, die den Interessen aller betroffenen Parteien (Verbraucher, Verwerter, und Urheber) genügen. ACTA bindet die europäischen Staaten an vorhandene Strukturen und erschwert somit die Debatte über neue Konzepte und Herangehensweisen.
 
 
Die Jungen Liberalen Bayern lehnen daher eine vorschnelle Ratifizierung ohne ausführliche, öffentliche Diskussion ab und unterstützen deshalb die Demonstrationen gegen das  Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) am 11.02.2012. Ziel der JuLis Bayern ist es dabei insbesondere, die oben beschriebene, inhaltlich diffenzierte Position zur Ablehnung des Abkommens öffentlich deutlich zu machen. So kann sichergestellt werden, dass die Kritik an ACTA nicht nur als uninformierte Reflexreaktion der Netz-Community wahrgenommen wird. Am Landeskongress in Windischeschenbach besteht dann Ende Februar für den Landesverband die Möglichkeit, sich aufgrund dann hoffentlich vorliegender, neuer Informationen, endgültig zu ACTA zu positionieren.