Über einhundert Jahre alt sind viele Vorschriften, die in Deutschland das Verhältnis zwischen Staat und Kirche regeln. Das halten die Jungen Liberalen Bayern für veraltet – und fordern anlässlich des Kirchentages in Nürnberg bei einer Kundgebung in der Stadt eine umfassende Modernisierung des staatlichen Umgangs mit Religion. Angesichts des Religionsvielfalt in der Bundesrepublik dürfe die christliche Kirche nicht weiter die Privilegien aus einer Zeit genießen, in der über 90 Prozent der Deutschen sich zum christlichen Glauben bekannte.
Dazu äußert sich der Landesvorsitzende der Julis Bayern, Felix Meyer: “Unser Blick auf die Kirche hat sich in den letzten einhundert Jahren stark verändert. 37 Prozent der Deutschen glauben an keinen Gott, weniger als die Hälfte der Bevölkerung ist Teil der christlichen Kirche. Es an der Zeit, über ein modernes Religionsverfassungsrecht zu diskutieren – gerade jetzt, wo auch innerhalb des organisierten Christentums immer mehr Reformen angestoßen werden. Gerade dieser Kirchentag zeigt in seinen Debatten, dass das Christentum auf aktuelle Debatten in der Gesellschaft reagiert. Dessen Motto “Jetzt ist die Zeit” sollten wir uns zu Herzen nehmen: Es ist die Zeit, darüber zu diskutieren, in welchem Verhältnis Religionsgemeinschaften und Staat im 21. Jahrhundert zueinander stehen sollen. Nur in einem weltanschaulich neutralen Staat sind alle Bürgerinnen und Bürger wirklich gleichberechtigt. Politik und Betroffene müssen jetzt zeitgemäße Lösungen dafür erarbeiten, wie wir für ein zeitgemäßes Verhältnis aller Religonsgemeinschaften zum Staat sorgen und veraltete Strukturen überarbeiten. Denn auch wenn das Christentum noch immer die meisten Anhänger aller Religonen in Deutschland hat, gibt es immer mehr Menschen, die anders oder gar nicht glauben. Und diese Menschen haben ein Recht darauf, ihr Leben ohne religiöse Einflüsse zu leben.”
Meyer und die Jungen Liberalen Bayern sehen vor allem in Bayern großen Handlungsbedarf – und liefern konkrete Vorschläge: “Der Freistaat fördert Kirchen schon lange mit hohen Geldbeträgen: Jedes Jahr fließen allein in Bayern über 100 Millionen Euro Steuergeld an christliche Kirchen – an alle anderen Glaubensgemeinschaften zusammen nur etwa eine Million Euro. Das ist nicht nur ungerecht, sondern belastet auch den Geldbeutel der Steuerzahler. Seit über hundert Jahren gibt es den ins Grundgesetz übernommenen Verfassungsauftrag, diese Zahlungen einzustellen – nur geschehen ist bisher nichts. Ein erster großer Schritt in Richtung eines modernen Religionsverfassungsrechts wäre es also, die zukünftige Finanzierung von Kirchen zu diskutieren. Denn wenn, wie aktuell, die Zahl der Gläubigen sinkt, sinken auch die Einnahmen über die Kirchensteuer – es besteht also Reformbedarf, um ein zukunftsfestes Finanzierungskonzept auf die Beine zu stellen. Die Kirchen selbst zeigen sich hier offen für Neuerungen – dieses Thema sollten wir endlich anpacken.”