Auf der Homepage der Zeitung "Die Welt" konnte man gestern ein Interview mit der FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin lesen, in dem unter anderem die geplante Frauenquote in Aufsichtsräten thematisiert wurde. Darin traf Frau Koch-Mehrin Annahmen, denen wir uns gezwungen sehen, entgegenzutreten.
Sie behauptet, dass eine gesetzlich verankerte Frauenquote für Führungsgremien in Unternehmen die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Frauen in der FDP finden würde, würde man diese nur fragen. Frei nach dem Motto „Will man einen Sumpf trockenlegen, so darf man nicht die Frösche fragen“ geht sie davon aus, dass auch innerhalb des liberalen Teils des politischen Spektrums eigentlich der Wunsch nach einer Quote vorherrsche – nur werde er von denen unterdrückt, denen eine solche Quote schaden würde: den Männern.
Dass eigentlich jede andere Partei sich inzwischen in der einen oder anderen Weise pro Frauenquote positioniert hat, lässt Frau Koch-Mehrin annehmen, dass auch die FDP dieser Meinung sein müsse. Sie verkennt dabei aber so viele Tatsachen und Fakten und versucht derart plump, die Meinung anderer zu prophezeien, dass es uns wütend macht.
Ja, die FDP lehnt als einzige Partei Frauenquoten ab – das ist aber nicht dem Druck männlicher Machteliten geschuldet, sondern dem Ergebnis vieler Diskussion und der Auslegung von politischem Liberalismus durch die Mehrheit aller (!) Parteimitglieder. Es ist noch nicht allzu lange her, da lehnte ein Bundesparteitag, immerhin das höchste Beschlussgremium der FDP, eine Quote für Parteigremien ab. Und seit wann ist eine Position schlecht und schlicht unlogisch, wenn die FDP die einzige Partei ist, die sie vertritt? Unsere Vorstellung von Gerechtigkeit und gesellschaftlicher wie beruflicher Teilhabe ist getragen vom Glauben an die Belohnung guter Leistungen. Das mag manchmal naiv erscheinen – und doch zählt für uns Liberale nicht die Gleichheit der Ergebnisse am Ende eines Prozesses, einer Karriere oder eines ganzen Lebens, sondern die Chancengleichheit am Anfang. Dafür streiten wir. Frauen müssen die gleichen Möglichkeiten haben wie Männern – nicht bessere.
Innerhalb einer Partei wie der FDP liegt die Lösung von einem zu niedrigen Frauenanteil doch auf der Hand: Machen wir die Partei attraktiver für Frauen. Und dafür ist keine Satzungsänderung nötig, kein thematischer Wandel oder ähnliches, sondern nur die Unterstützung der Frauen, die bereits fest in der Partei verankert sind. Solche Frauen, wie Frau Koch-Mehrin es einmal war. Statt mitzuhelfen, den Frauenanteil zu erhöhen und junge Frauen zum Beitritt und zur Mitarbeit zu ermutigen, maßt sie sich an, den Willen aller FDP-Frauen zu kennen. Ein geradezu typisches Verhalten: Eine Frau, die es selbst schon nach oben geschafft hat, erlaubt sich die Deutungshoheit über die Meinung aller noch nicht so erfolgreichen Frauen – nur mit der Begründung, dass sie selbst eine Frau ist. Dabei blendet sie vollkommen aus, dass es niemals den Willen „der Frauen“ geben kann. Frauen sind keine homogene Masse mit gemeinsamer Meinungsbildung. Sie sind höchst unterschiedlich. Jede von uns kennt das: Mit manch einer anderen Frau hat man nicht mehr gemeinsam als das Geschlecht. Trotzdem wird angenommen, man habe durch das Eigentum an zwei X-Chromosomen automatisch eine gewisse (gemeinsame) Willensrichtung einzuschlagen.
Liberale stehen zum Individuum. Zu den Besonderheiten jedes einzelnen Menschen, die sich aus vielen verschiedenen Komponenten zusammensetzen. Das Geschlecht ist zwar eine wichtige, aber immer nur eine Komponente eines Menschen. Die durch nichts zu belegenden Behauptungen von Frau Koch-Mehrin bedeuten Rückschritt statt Fortschritt. Sie sind der plumpe Versuch, das eigene Abstimmungsverhalten im Europaparlament zu rechtfertigen.
Wir lassen uns unsere Meinung aber nicht vorgeben. Wir müssen uns nicht für unsere Leistungen schämen. Wir sind zu stolz, uns Quotenfrauen nennen zu lassen. Und nicht zuletzt sind wir realistisch: Das Problem der fehlenden Frauen sowohl in der Wirtschaft als auch in Parteien (ALLEN Parteien – den höchsten Frauenanteil haben die Grünen mit gerade einmal 37,4 %) ist auch ein Generationsproblem. Es wächst eine ehrgeizige und engagierte Frauengeneration heran, die erfolgreiche Mütter als Vorbild hatte, denen Gleichberechtigung als selbstverständlich vorgelebt wurde. Wir müssen nicht rebellieren und Bevorzugung fordern, um Nachteile auszugleichen, denn wir sehen keinen Grund, weshalb wir Nachteile gegenüber den Männern haben sollten.
In Bayern wurde gerade die Landesliste der FDP zur Bundestagswahl 2013 aufgestellt. Auf den aussichtsreichen ersten fünf Plätzen befinden sich drei Frauen. Ohne Quote. Bei uns, im Vorstand der Jungen Liberalen Bayern, sind von 14 Vorstandsposten genau die Hälfte mit Frauen besetzt. Ohne Quote. Qualität setzt sich durch – daran glauben wir. Man muss nur selbst daran glauben, ausreichend Qualitäten zu besitzen.
Offensichtlich glaubt Frau Koch-Mehrin, dass andere Frauen nicht gut genug sind, um sich ohne Quoten durchzusetzen – obwohl sie selbst das getan hat. Diese Herangehensweise ist symptomatisch für jede Quotendebatte: Frauen, die es schon geschafft haben, sind dafür, viele junge Frauen sind dagegen, obwohl sie davon profitieren würden. Aber wir glauben an uns selbst. Auch wenn Silvana Koch-Mehrin es nicht tut.
Sabrina Böcking
Stellvertretende Vorsitzende der Jungen Liberalen Bayern
Anna Ahlfeld
Stellvertretende Vorsitzende der Jungen Liberalen Bayern
Nora Woiwode
Mitglied im Bundesvorstand der Jungen Liberalen