Präambel
Die Weltpolitik hat sich in den letzten Jahrzehnten rapide verändert: zu traditionellen Bedrohungszenarien sind neue Gefahren hinzugekommen. Leider ist die Bundeswehr angesichts dieser Entwicklungen nicht mehr zeitgemäß ausgerüstet und ihnen angemessen gewappnet. Die Jungen Liberalen Bayern fordern daher folgendes Konzept für die Zukunft der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik umzusetzen, um auch für die kommenden Generationen einen effektiven Schutz nach außen sicherzustellen und unsere politischen Interessen und Werte wirksam durchsetzen und verteidigen zu können.
I. Multinationale Zusammenarbeit
Nur durch die Einbettung deutscher Außenpolitik in ein starkes Bündnis bestehend aus zuverlässigen Partnern, mit denen wir in unseren rechtsstaatlichen, demokratischen, freiheitlichen und friedliebenden Werte und Ziele übereinstimmen, kann eine effektive und effiziente Verteidigung unserer gemeinsamen Interessen, sowie der Schutz vor ausländischen und asymmetrischen Aggressoren sichergestellt werden. Aus diesem Grund sehen wir die Mitgliedschaft Deutschlands in Militärbündnissen, wie insbesondere der NATO, als unerlässlichen Bestandteil unserer Verteidigungspolitik an. Dies alles darf jedoch nie dazu führen, dass Deutschland an Handlungen partizipiert, die unseren freiheitlich-demokratischen Grundüberzeugungen widerstreben.
II. Gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik
In der Europäischen Union sehen wir die Zukunft unserer Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik: Statt derzeit 28 Einzelwegen, 28 Außenministern und 28 europäischen Armeen, in denen zusammen mehr Soldaten unter Waffen stehen als in den Vereinigten Staaten, deren militärische Effizienz und Schlagkraft aber deutlich unter dieser liegt, wollen wir einen gemeinsamen Weg,einen europäischen Außenminister und langfristig auch nur eine Europäische Armee. Nur wenn wir kooperieren und den Friedensprozess, die europäische Einigung fortführen, sind wir langfristig den Problemen von morgen gewachsen. Die Mitglieder der Europäischen Union stellen dank dieses Prozesses glücklicherweise keine Gefahr mehr für einander dar; es gibt also keinen Grund für eine Beibehaltung dieser vielen verschiedenen Politiken und Wege, die sich oftmals sogar nur gegenseitig behindern. Unsere Vision ist daher ganz klar die europäische Integration. Die Umsetzung dieser Ziele soll in folgenden vier Schritten erfolgen:
- 1. Ausbau EU Battlegroups und gemeinsame Beschaffung
Wir fordern den Ausbau der Battlegroups. Der Kapazitätsplanung sollte nach Vorbild des Framework NationsConcept erfolgen. Hierzu ist eine Konsolidierung der europäischen Rüstungswirtschaft sowie der Beschaffungsvorgänge durch eine europäische Agentur wünschenswert, sowie eine kollektive Beschaffung von Wehrmaterial.
- 2. Freiwilliges, gemeinsames Oberkommando
Die Integration aller teilnehmenden europäischen Armeen in ein gemeinsames Oberkommando unter Leitung des Militärausschusses der Europäischen Union (EUMC) bestehend aus allen Generalstabschefs jener Streitkräfte. Die Befehlsgewalt wird von dem dafür zu bildenden Rat für Verteidigung ausgeübt, dem die Regierungschefs oder Verteidigungsminister aller Teilnehmerstaaten angehören und der mit qualifizierter Mehrheit entscheidet. Dabei bleiben alle Soldaten weiterhin Teil ihres jeweiligen Entsenderstaates, unterstellen sich aber einer übergeordneten Befehlsstruktur.
Alle Ausbildungen, Strategien und Einsatzpläne sollen im Rahmen dessen einander angeglichen und vereinheitlich werden. Unterschiedliche Fähigkeiten sollen so verwertet werden, dass sie allen Teilnehmern zu Gute kommen und militärische Systeme allen zugänglich sind – lediglich Nuklearwaffen verbleiben unter dem alleinigen Kommando der Atommächte. Zudem soll ein Austausch von Know-How stattfinden sowie geheimdienstliche und kooperative Barrieren zwischen den Ländern abgebaut werden.
Die Teilnahme an dieser Integration steht allen EU-Mitgliedstaaten offen, soll aber freiwillig erfolgen. Zudem muss es weiterhin in der Macht der Einzelstaaten liegen, sich der Teilnahme an gemeinsamen Kampfeinsätzen zu verweigern – ein alleiniges Aktivwerden sollte jedoch nur noch im Rahmen des Rechts auf Selbstverteidigung möglich sein. Alle nicht teilnehmenden EU-Mitglieder und NATO-Staaten sollten kooperativ an diesem Prozess beteiligt werden; dazu sollen alle Generalstabschefs der nicht teilnehmenden Länder nicht-stimmberechtigte Mitglieder des EUMC sein.
- 3. Einheitliche europäische Außenpolitik
Wir fordern die Übertragung der außenpolitischen Kompetenzen der Nationalstaaten auf europäische Ebene, namentlich den Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik und den Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS). Nach außen spricht die Europäische Union fortan im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik nur noch mit einer einheitlichen Stimme, die bei Grundsatzfragen im Europäischen Rat und bei darauf basierenden Strategien im Rat für Auswärtige Angelegenheiten (FAC) mit qualifizierter Mehrheit gebildet wird. Dies darf jedoch nicht die fortbestehende Existenz nationalstaatlicher Außenminister, sowie diplomatischer Missionen und Botschafter ausschließen. Hoheitliche Rechte, wie die Schließung völkerrechtlicher Verträge, sowie die Stimmabgabe im UN-Sicherheitsrat bleiben weiterhin im Aufgabenspektrum der Nationalstaaten, jedoch bleibt eine Abstimmung auch in dieser Hinsicht wünschenswert.
- 4. Europäische Armee
Die Überführung aller an der unter Punkt 1 genannten Kooperation teilnehmenden Streitkräfte in eine einzige Europäische Armee. Der Einsatz dieser steht unter der Kontrolle des Europäischen Parlaments und dem Befehl des Rates für Verteidigung. Voraussetzung dafür ist die hinreichende demokratische Legitimierung der Europäischen Union. Obwohl die deutschen Streitkräfte eine Parlamentsarmee darstellen und somit dem deutschen Bundestag unterstellt sind, ist es laut Art. 23, Abs. 1 des GG ausdrücklich möglich zur Förderung der europäischen Integration Souveränitätsrechte auf überstaatliche Ebenen zu transferieren. Hierin besteht die Verpflichtung Deutschlands zur Verwirklichung der europäischen Idee und zur Verbesserung der gemeinsamen Zusammenarbeit. Das Recht auf Kriegserklärung, Einsatzgenehmigung und Haushaltsplanung geht dafür ebenfalls auf das EU-Parlament über, außerdem wird das Amt eines europäischen Wehrbeauftragten sowie EU-Verteidigungskommissars eingeführt, welcher die EU-Armee mit den ihm unterstellten Militärstab der EU (EUMS) und der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) administrativ leitet. Die operative Führung aller Streitkräfte obliegt dem EUMC, während die Organisation der im eigenen Land stationierten Truppen weiterhin bei den einzelnen Mitgliedsstaaten und deren ehemaligen Verteidigungsministerien verbleibt. Sie soll eine reine Berufsarmee sein, wobei Regelungen zur Wehrpflicht in die Zuständigkeit der EU fallen. Ziel soll es sein, dass am Ende dieses Prozesses jeder EU-Mitgliedsstaat Teil jenes Bündnisses ist. Den Teilnehmern kann es dennoch weiterhin freigestellt sein, einzelstaatliche Milizen (Staats- bzw. Nationalgarden) am Vorbild der Vereinigten Staaten einzurichten, die unter dem Kommando der Länder verbleiben.
III. Bundeswehr und Zukunft der Verteidigungspolitik
Deutschland steht im 21. Jahrhundert sicherheitspolitisch vor völlig neuen Herausforderungen. Insbesondere der Einsatz hybrider und politischer Kriegsführung erfordert eine Anpassung der Streitkräfte. Bis zur Einbettung der Bundeswehr in eine Europäische Armee muss diese daher stets modernisiert und vorbereitet auf jene neuen Herausforderungen der Weltpolitik werden. Dazu gehört eine bessere, leistungsfähige Ausrüstung, die dem Stand der Technik entspricht, neue Strategien und eine effizientere Organisationsstruktur. Um dies zu erreichen, muss mehr Geld investiert werden – wir fordern daher eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets auf die im Rahmen der NATO versprochenen 2% des BIP. Des Weiteren müssen neue Konzepte für die asymmetrische und hybride Kriegsführung ausgearbeitet, eine umfangreiche Cyberstrategie implementiert und die Spionageabwehr verbessert werden.
IV. Einsatz und Unterstützung von militärischer Gewalt
Deutschland hat, nicht nur angesichts seiner Geschichte, eine besondere Verantwortung für den Frieden und die Menschenrechte in der Welt. Der Einsatz von Gewalt muss stets die ultimaratio darstellen – erst wenn diplomatische Mittel versagen und ein Einsatz im Rahmen des Völkerrechts und Grundgesetzes gerechtfertigt ist, dürfen militärische Schritte, soweit sinnvoll und zielführend, erwogen werden. Dies ist unserer Meinung nach auch in Fällen humanitärer Interventionen zum Schutz vor massenhaften Menschenrechtsverletzungen nicht nur angemessen, sondern im Sinne der Menschlichkeit sogar geboten. Niemals darf Deutschland wieder zulassen, dass es zu Völkermord und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit kommt.
Aus diesem Grund lehnen wir auch jedes Handeln oder Unterlassen, das andere Staaten bei der Durchführung völkerrechtswidriger Maßnahmen, wie der gezielten Tötung oder dem Einsatz von Folter und Massenvernichtungswaffen unterstützt, entschieden ab.
Gültigkeit: 10 Jahre