Der Rechtsstaat für Europa – Europäisches Justizsystem weiterentwickeln!

Reformvorschläge für die Europäische Union beschäftigen sich meistens entweder mit der Umgestaltung der Legislativen, wie z.B. dem Europäischen Parlament ein Initiativrecht zu geben, oder aber mit der Exekutive, wie etwa eine Verkleinerung und
Umgestaltung der Europäischen Kommission. Zum Teil kommen da Reformideen für die Gerichtsbarkeit der Europäischen Union zu kurz.

Neuerungen für das EU Gerichtssystems

Bei immer engerer Regelungsdichte von Unionsrecht in vielen Bereichen durch eine voranschreitende Integration muss langfristig darüber nachgedacht werden, ob die Aufgabenteilung zwischen Gerichtshof (EuGH) und Gericht (EuG) nach Art der Klage
sinnvoll ist. Viel mehr muss man daran denken, dass man die Zuständigkeiten, erstinstanzlich, besser nach der zu prüfenden Rechtsmaterie auf teilt. Wir wollen die Zuständigkeiten des Gerichtssystems der Europäischen Union neu regeln:
Während der Europäische Gerichtshof (EuGH) – ähnlich eines Verfassungsgerichtshofes – erstinstanzlich nur für Angelegenheiten des Primärrechts zuständig sein soll, soll sich das Gericht der Europäischen Union (EuG) mit allen anderen Angelegenheiten des
Sekundärrechts befassen. Dies würde insbesondere bei Vorabentscheidungsverfahren zu einer Änderung der Zuständigkeit führen.
Auch dann erscheint der Instanzenzug, also dass das EuG Entscheidungen der Fachgerichte, und der EuGH Entscheidungen des EuG überprüft, für sinnvoll. Darüber hinaus sollten mit Fachgerichten für besonders harmonisierte Rechtsgebiete
auch spezialisierte Spruchkörper gebildet werden um die Qualität der Entscheidungen weiter zu verbessern.

Gerade im Bereich des Geistigen Eigentums und Wettbewerbsrecht fordern wir ein Fachgericht zur weiteren Spezialisierung. Auch in den Mitgliedsstaaten hat es sich bewährt, die Zuständigkeiten für Streitigkeiten über Geistiges Eigentum zu
konzentrieren und so zu Spezialisierung der Spruchkörper zu führen. Mit dem Europäischen Amt für Geistiges Eigentum (European Intellectual Property Offce / EUIPO) besteht ein Europäisches Amt, dass für das gesamte Unionsgebiet über den
einheitlichen Schutz von Marken, Designs und geographischen Herkunftsangaben entscheidet. Ein spezialisiertes Gericht, dass diese Entscheidung angemessen und mit gleicher Fachkompetenz überprüfen kann ist daher besonders wichtig. Sowohl das EuG
wie auch Stimmen aus der Praxis und der Wissenschaft fordern schon länger, dass für den Bereich des Geistigen Eigentums von Art. 257 AEUV Gebrauch gemacht und ein Fachgericht eingerichtet werden sollte. Die Schaffung eines Fachgerichts in Marken- und Wettbewerbsfragen erscheint zurzeit als einfachstes Mittel das EU Gerichtssystem in eine Phase der besseren
Spezialisierung zu führen. Daher fordern wir die Kommission auf eine Initiative zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren dazu zu starten. Des Weiteren wird zum Teil eine extra europäische Finanzgerichtsbarkeit geforderter
mit einem Fachgericht für Steuerfragen. Aufgrund der engen Regelungsdichte wäre auch an ein Fachgericht für Verbraucherrechtsfragen zu denken.

Harmonisierung des materiellen Strafrechts

Gemäß Art. 83 Abs.1 UAbs. 2 AEUV kann die EU schon heute in einigen Bereichen Richtlinien für Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten beschließen. All diesen Straftaten ist gemeinsam, die besondere schwere und grenzüberschreitende
Dimension. Die Harmonisierung ist wichtig, um EU-weit zu einheitlichen Begriffen und Definitionen in diesen Bereichen des Strafrechts zu kommen. Der Rechtsstaat muss genauso europäisch organisiert sein, wie das Verbrechen. Das bedeutet auch, dass die strafrechtlich relevanten Begriffe europaweit vergleichbar werden. Wir Jungen Liberalen möchten darüber hinaus auch in weiteren Bereichen die Harmonisierung des Strafrechts voranbringen. Dazu zählen für uns folgende Bereiche:
Umweltstrafrecht, illegaler Handel mit Kulturgütern, Fälschung von Medizinprodukten/Arzneimitteln, illegaler Organhandel, Wahlmanipulation, weibliche Genitalverstümmelung – insbesondere auch die Verfolgbarkeit von im Ausland erfolgten Verstümmelungen, und Identitätsdiebstahl. Auch einige Mitgliedstaaten sehen in diesen Bereichen Handlungsbedarf und -möglichkeiten der EU. Neben diesen Harmonisierungsmöglichkeiten, die schon heute machbar sind, fordern wir die Verträge so zu ändern, dass die EU auch Verordnungen im Bereich des materiellen Strafrechts schaffen kann, sodass tatsächlich nicht nur ein Mindestmaß festgelegt wird, sondern bei schwerer Kriminalität mit grenzübergreifenden Sachverhalten insgesamt ein einheitliches Strafrecht anwendbar ist.

Europäische Staatsanwaltschaft

Zur Zeit nehmen nur 22 Mitgliedstaaten bei der verstärkten Zusammenarbeit zur Europäischen Staatsanwaltschaft (EuStA) teil. Wir werden uns dafür einsetzen, dass zeitnah alle Mitgliedstaaten daran teilnehmen, um den Missbrauch von EU-Geldern
wirksam zu bekämpfen. Bis dahin soll es der EU möglich sein, die Auszahlung von Geldern an nicht-teilnehmende Länder strenger zu kontrollieren und etwa nur an solche Organisationen direkt auszuzahlen, die sich der Kontrolle der EuStA unterwerfen. So
verhindern wir, dass EU-Gelder nur in den Taschen von korrupten Politikern landen. Bei einer weiteren Harmonisierung des Europäischen materiellen Strafrechts ist es sinnvoll, auch die von der EuStA verfolgbaren Straftaten weiter auszudehnen.
Grenzüberschreitende Kriminalität sollte auch durch Europäische Justizbehörden, wie die EuStA, verfolgt werden können.

Europäisches Strafgericht

Schon heute erscheint ein Europäisches Strafgericht in Spiegelung zur EuStA sinnvoll. Gerade beim Subventionsbetrug durch Mitgliedstaaten kann es auch in der Justiz der betroffenen Mitgliedstaaten zu Interessenkonflikten kommen und eine unabhängige
Entscheidung gefährden. Auch gerade wenn durch Fachgerichte die Spezialisierung der EU Gerichtsbarkeit vorangetrieben wird, kann ein Fachgericht für Strafrecht sinnvoll umgesetzt werden. Dies gilt dann umso mehr, wenn die Harmonisierung des materiellen Strafrechts und die Befugnisse der EuStA weiter ausgedehnt werden. Daher fordern wir die Kommission auf, Vorbereitungen zu treffen auf Änderung der Verträge zur Schaffung eines Europäischen Strafgerichts.

Antragssteller: Felix Meyer

Gültigkeit: 5 Jahre

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