Die Bude ein für alle Mal kleiner machen – echte Reform des Bundestagswahlrechts 


Seit der Bundestagswahl 2017 hat Deutschland mit seinen 709 Mitgliedern des Deutschen Bundestages das größte frei gewählte Parlament der Welt. Wir Junge Liberale Bayern empfinden ein großes Parlament als nicht grundsätzlich verwerflich, sofern dies dessen effektiver Arbeit zuträglich ist – allerdings stößt der Bundestag angesichts seiner aktuellen Größe an seine räumlichen Kapazitätsgrenzen. Dies gilt umso mehr bei einem weiteren Anwachsen und beeinflusst die Arbeitsfähigkeit des Parlaments negativ. Das aktuelle Wahlrecht setzt dem auch nach dessen letzter Änderung nichts entgegen. So sind nach wie vor Szenarien mit annähernd 1000 Abgeordneten (und damit fast doppelt so viele wie regulär vorgesehen) denkbar. Wir erachten es deshalb als Notwendigkeit, eine umfassende Reform des Bundestagswahlrechts vorzunehmen, um eben diese Entwicklung zu stoppen und die Gefahr eines völlig unkontrollierten Anwachsens des Bundestages auch in Zukunft zu minimieren, unabhängig davon, wie sich Wahlergebnisse und Parteienlandschaft entwickeln. Auch für eine Reform des Bundestagswahlrechts bekennen sich die JuLis Bayern zum Grundsatz der personalisierten Verhältniswahl. Die Repräsentation von Regionen (in Form von Wahlkreisen) durch direkt gewählte Abgeordnete war schon immer kennzeichnend für den Bundestag und soll erhalten bleiben. Zuschreibungen wie eine irgendwie geartete Höherwertigkeit oder gesteigerte Wichtigkeit von Direktmandaten bzw. ihren Inhabern lehnen die Jungen Liberalen Bayern konsequent ab. Schon nach der Maßgabe des Grundgesetzes über die Gleichwertigkeit aller Mitglieder des Bundestages erübrigen sich derartige Diskussionen vollständig und endgültig. Um eine Verkleinerung des deutschen Bundestages sicherzustellen, fordern die Jungen Liberalen Bayern folgende Maßnahmen: 

1. Wahlkreise 

Wir befürworten, die Zahl der Wahlkreise auf 220 zu senken. Hierbei soll die Abweichung der tatsächlichen Größe eines Wahlkreises vom Durchschnitt bei maximal +/- 20% liegen. Die sonstigen Maßgaben des § 3 Abs. 1 BWahlG bleiben unangetastet. Der Neuzuschnitt wird von der Wahlkreiskommission gemäß § 3 Abs. 2 BWahlG vorgenommen und bedarf der Zustimmung des Deutschen Bundestages. 

2. Direktmandate 

In jedem Wahlkreis ist – wie gehabt – ein Direktmandat über die Erststimme zu vergeben. Abweichend von der bisherigen Ausgestaltung ist nicht mehr die relative Mehrheit der Erststimmen für das Erringen des Direktmandates erforderlich, sondern die absolute Mehrheit. Wird diese von keinem Bewerber erreicht, findet 14 Tage nach dem eigentlichen Wahltermin ein Stichwahltermin statt, bei dem die beiden Kandidaten, die die meisten Stimmen erhalten haben, gegeneinander antreten. Gewählt ist, wer dann die relative Mehrheit der gültigen Stimmen auf sich vereint. Alternativ zur Stichwahl kann auch ein System mit Präferenzstimmen eingeführt werden. Dabei kann der Wähler eine Reihenfolge angeben in der die Direktkandidaten wählen würde. Beim Auszählen wird immer der Direktkandidat mit den wenigsten Stimmen eliminiert und seine Stimmen auf die anderen Kandidaten verteilt, solange bis ein Kandidat über 50% der Stimmen hat. 

3. Größe des Bundestages 

Die Jungen Liberalen Bayern sprechen sich dafür aus, die Regelgröße des Bundestages von derzeit 598 auf 660 Sitze zu vergrößern. Hierdurch wird mit den dann über die Landeslisten zu vergebenden 440 Sitzen ausreichend Spielraum geschaffen, um eventuelle Überrepräsentationen von Parteien in Bundesländern, welche bei den Direktmandaten entstehen können, ausgleichen zu können, sodass bestenfalls keine Überhangmandate mehr anfallen. 

4. Listenmandate 

Zur Vergabe der (dann 440) Listenmandate sprechen wir uns dafür aus, nach dem bisher gebräuchlichen Verfahren aus § 6 Abs. 1 bis 4 BWahlG vorzugehen, das Sitzkontingentverfahren bleibt dementsprechend erhalten. 

5. Überhang- und Ausgleichsmandate 

Entstehen Überhangmandate, weil eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate errungen hat, als ihr nach ihrem Zweitstimmenanteil Sitze zustehen, so bleiben diese erhalten. Ein Ausgleich findet weiterhin nach dem Verfahren aus § 6 BWahlG (in der bis 18.11.2020 gültigen Fassung) statt, jedoch erst ab dem dritten anfallenden Überhangmandat zu Gunsten eine Partei. 

6. Sperrklausel 

Die Sperrklausel in Form der 5%-Hürde bzw. dem Gewinn von mindestens 3 Direktmandaten bleibt erhalten. Parteien nationaler Minderheiten sind hiervon weiterhin ausgenommen. 

7. Sonstiges 

  • Für alle genannten Zuteilungsschritte soll das Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte-Laguë/Schepers) angewendet werden. 
  • Die Mehrheitsklausel gemäß § 6 Abs. 7 BWahlG soll erhalten bleiben. 
  • Nach dem Hauptwahltermin veröffentlicht der Bundeswahlleiter die Liste der Bewerber, die bereits als gewählt feststehen. Ebenso erfolgt die Veröffentlichung einer Liste der Bewerber, bei denen eine Wahl rechnerisch noch möglich ist. Die endgültige Feststellung und Veröffentlichung der Liste der gewählten Bewerber erfolgt erst nach dem Stichwahltermin in den Wahlkreisen, hiernach jedoch schnellstmöglich. 
  • Es sind Regelungen zu treffen, die sicherstellen, dass den bereits nach dem Hauptwahltermin feststehenden gewählten Bewerbern kein Vorteil durch ihre frühzeitige, sichere Wahl entsteht. 
  • Der Deutsche Bundestag tritt nicht mehr spätestens am 30. Tage nach dem Hauptwahltermin, sondern spätestens am 30. Tage nach dem Stichwahltermin zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. 
  • Die Briefwahl ist unter den bisher gängigen Voraussetzungen beizubehalten. Beantragt ein Wahlberechtigter die Briefwahl für den Hauptwahltermin, so soll dies auch für den Stichwahltermin gelten. Die Beantragung der Briefwahl exklusiv für den Stichwahltermin ist unter entsprechend kurzen Fristen zu ermöglichen.

Gültigkeit: 5 Jahre


Antragssteller: Stefan Edenharder, Analena Wilhelm, Sascha Renner, Maximilian Funke-Kaiser, Yannik Mohren, Tobias Dutta, Rebecca Müller-Zurlinden, Jennifer Kaiser-Steiner, Tarek Carls, Kai Fabian Fackler, Hannah Kehl, Tobias Weiskopf, Patrick Arleth, Marie Dyckers, David Berends, Lucas von Beckedorff, Sam Batat, Nils Gründer, Barbara Eggers,  Jannik Jürß, Max Bruder, Max Hansen, Dominik Winkel, Victoria Beyzer, Philipp Sallmen, Melody Bayer, Sascha Perkuhn, Philip Blank, Manuel Talarico, Fabian Ernstberger,  Kerry Aileen Hoppe, Michael Wagner, Niklas Pfeiffer, Julius Arnold, Fabian Bischof


 

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