Präambel
Das Phänomen der Landflucht gefährdet die Grundversorgung im ländlichen Gebiet: Durch den Wegzug junger Menschen in städtische Gebiete und die alternde Gesellschaft auf dem Land, verlieren ländliche Gemeinden ihre Einwohner und Funktionsfähigkeit. Die Folgen sind hoher Leerstand und der Wegfall grundlegender Strukturen wie Ärzten, Schulen und Arbeitsstellen in den Dörfern, bei gleichzeitig zunehmender Wohnungsnot in den Städten. Ländliches Gebiet ist oftmals bezahlbarer, grüner und wertvoller Lebensraum und als solcher schützenswert. Junge Familien und Firmen finden hier genug Platz, um sich anzusiedeln und zu wachsen. Der Landeskongress möge beschließen: Um ländliches Leben zu fördern, Städte zu entlasten und der Landflucht entgegenzuwirken, fordern die Jungen Liberalen: Verbesserung öffentlicher Personennahverkehr Im Vergleich zu Städten, mit gut ausgebautem öffentlichen Nahverkehr und damit einhergehender Mobilität, hinkt der ländliche Raum hinterher. Aber gerade hier ist es wichtig, Mobilität zwischen den teilweise weit entfernten und fußläufig nur schwer erreichbaren Einrichtungen des täglichen Lebens zu gewährleisten, wobei besonders jungen und alten Menschen reelle Alternativen zum Individualverkehr mittels KFZ zu bieten sind. Zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs im ländlichen Raum fordern wir:
- Die materielle, finanzielle und rechtliche Förderung von Bürgerbusvereinen.
- Eine weitgreifende Liberalisierung des Carsharing- und Ridesharingmarkts, sowie die Aufhebung von staatlichen Markthindernissen für neue, mit dem konventionellen Taxi konkurrierenden, Personenbeförderungsdiensten.
- Die Jungen Liberalen Bayern fordern, dass das Alter zum PKW-Führerscheinerwerb ein weiteres Jahr herabsetzt wird. Begleitetes Fahren soll so ab 16 Jahren, eigenständiges Fahren ab 17 Jahren möglich sein.
- Die Implementierung bedarfsorientierter ÖPNV-Systeme wie Baxi oder Immer/Yosili. Durch die Schulung der rechtl. Rahmenbedingungen für autonome Fuhren kann vor allem im Bereich der ÖPNV breite Versorgung sichergestellt werden.
- Die Kooperation zwischen Bus und Bahn, bspw. In Form von koordinierten Zubringernetzen, soll ausgebaut werden.
Herstellung und Gewährleistung einer funktionierenden Bildungsinfrastruktur im ländlichen Raum
Um der Landflucht entgegenzuwirken, ist es zwingend erforderlich, Schulen auch auf dem Land zu erhalten. Vielerorts stehen die Verantwortlichen vor der Problematik, Schulen mit geringer Schülerzahl erreichbarer Nähe zu halten und trotzdem möglichst kosteneffizient zu agieren. Gerade auf dem Land können Privatschulen gut funktionierende und besser auf die Situation vor Ort angepasste Alternativen zu staatlichen Schulen darstellen. Um die Gründung und Ansiedlung privater Bildungseinrichtungen zu fördern, fordern wir, private Schulen im ländlichen Raum bereits von Anfang an mit staatlichen Mitteln zu fördern, sofern seitens des Schulträgers keine zusätzlichen Gebühren erhoben werden. Die Voraussetzungen dafür dürfen nicht an eine zeitliche Komponente, sondern einzig und allein an die Qualität der Schule gebunden sein. Wir fordern, die Sicherstellung der Beförderung von Schülern auch aus kleinen Gemeinden zur nächstgelegenen Schule.
Vereinsleben/Ehrenamtliches Engagement stärken
Freizeitaktivitäten stellen einen essentiellen Kern des Lebens in einer Gemeinde dar. Vereine fördern das Sozialleben und die Verbindung zur Gemeinde. Die Kommune hat dabei primär die Aufgabe, die Infrastruktur zur Vereinsarbeit bereitzustellen, jedoch nicht aktiv in die Vereinsarbeit einzugreifen. Wir fordern daher
- Wohnortnahe Sportaktivitäten ermöglichen.
- Hinreichend Hallen, Schwimmhallen etc. bereitstellen, ggf. interkommunale Lösungen.
- Nutzungsgebühren für Sportanlagen und Hallen sollen für ehrenamtliche Arbeit oder Jugendarbeit entfallen.
- Einrichtung von Begegnungsstätten wie Mehrgenerationenhäuser oder bBürgerzentren errichten.
- Vereinsförderung nur auf Basis projektbezogener Förderung.
- Schulen in staatlicher Trägerschaft sollen verstärkt, bspw. im Fach Sport, mit lokalen Vereinen kooperieren
Wohnen und „Häuslebauen“
Wohnen und Grundeigentum müssen attraktiv sein, damit sich Menschen in einer Gemeinde ansiedeln. Vielfach sorgen jedoch Kostentreiber und Bürokratie für Hindernisse. Wir fordern daher:
- Klare Regeln durch flächendeckende Flächennutzungspläne. Weniger Lücken bzw. Handhabung über Einpassung in die lokale Bebauung.
- Bei der Ausweisung von Nutzungsflächen sind Mischgebiete stärker zu berücksichtigen
- Die Abschaffung der Grundsteuer
- Beteiligungskosten an Infrastrukturmaßnahmen für Anlieger müssen frühzeitig dem Anlieger bekanntgemacht werden und es muss mit jedem Anlieger individuell ein Zahlungsplan erstellt werden, der auf die Lebenssituation eingeht.
Gesundheitsversorgung auf dem Land sicherstellen
Für junge Mediziner, Pflegekräfte und Assistenzen in der Gesundheitsbranche, es oft eine große Hürde nach der Ausbildung in Orte mit schwacher Infrastruktur zu wechseln. Aus diesem Grund, sind wenige bereit den Komfort ihrer Großstädte zu verlassen und auf dem Land nieder zu lassen. Um den ländlichen Raum für Niederlassungen attraktiver zu gestalten, müssen die Bedarfsplanung sowie die Budgetierungsregelungen aufgehoben bzw. ausgesetzt werden. Die Jungen Liberalen sprechen sich klar gegen eine Landarztquote aus, die beispielsweise im Masterplan 2020 für Medizinstudierende fordert wird. So fordern wir eine finanzielle Unterstützung und steuerliche Entlastung von niedergelassenen Ärzten, Pflegekräften und Assistenzen im ländlichen Bereich in den ersten 3 Jahren nach Gründung ihres Unternehmens. Um Standorte auf dem Land für niedergelassene Ärzte interessant zu machen, es wichtig, dass die jeweiligen Standorte an Attraktivität gewinnen. Hierauf kann kommunale Politik Einfluss nehmen: So sind junge Mediziner eher bereit in eine Kommune zu ziehen, wenn die Infrastruktur und das soziale Angebot stimmen und Einrichtungen wie Kindertagesstätten, Schulen, Vereinsleben, Kultur und eine intakte Natur vorhanden sind. Doch nicht nur Ärzte sind Mangelware in ländlichen Gebieten, sondern auch Pflegekräfte. Um die Versorgung im Bereich der Pflege zu gewährleisten, sind die Jungen Liberalen der Ansicht, dass die Pflege in ländlichen Regionen durch den Ausbau von Pflegestützpunkten gestärkt werden können. Pflegestützpunkte tragen die Verantwortung, den Bedarf für die Versorgung festzustellen, Arbeitskräfte sinnvoll einzuteilen und die Pflege zuhause zu unterstützen. Versandapotheken sowie Videoapotheken mit Automatenabgabe können zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Arzneimittelversorgung in ländlichen Gebieten leisten. Die Behinderung innovativer Vertriebsmodelle durch den Gesetzgeber zu Lasten der Bürger muss aufhören. Der Apothekermarkt gehört umfassend liberalisiert. Wir fordern, dass Apotheken ein stärkeres Mitspracherecht bei der Auswahl der durch sie verkauften Produkte, unbürokratische Abrechnungsstrukturen und eine echte Filialstrukturauch im Fremdbesitz ermöglichen erhalten.
Die Schaffung der Entscheidungshoheit über die Gewerbesteuer für Kommunen und Gemeinden
Die Finanzierung der Haushalte der Kommunen unterliegt großen Unsicherheiten und macht diese anfällig gegen Schwankungen am Markt. Wir fordern daher,
- Im Ersten Schritt die Abschaffung der Mindesthebesätze auf Gewerbe- und Grundsteuer
- Langfristig die Ersetzung der Gewerbe- und Grund- bzw. Körperschaftssteuer durch einen von der Kommune festlegbaren Hebesatz auf die Einkommenssteuer
Gültigkeit: 5 Jahre
Der Antrag wurde ursprünglich am 91. Landeskongress beschlossen und seine Gültigkeit beim 103. Landeskongress um 5 Jahre verlängert.
Antragsteller: BV Oberbayern, BV Schwaben, BV Unterfranken