Wir stehen für weltbeste Bildung für alle, unabhängig von der Herkunft. Dabei ist insbesondere der Übertritt auf eine weiterführende Schule von Bedeutung für die Zukunft eines Kindes. In der Pandemie standen alle Schulen vor einigen Hürden. Dabei ist deutlich geworden, dass insbesondere Mittelschulen weit zurückbleiben und etwaige Hilfsprogramme dort am schlechtesten ankommen. Auch sonst ist die öffentliche Wahrnehmung von Mittelschulen oft negativ. Sie werden stigmatisiert und in einen Zusammenhang mit Problemen und Defiziten gestellt. Das verkennt jedoch, dass gerade diese Schulform über außerordentliche pädagogische Merkmale verfügt, die für andere Schulformen richtungsweisend sein sollten. Die Mittelschulen zeichnet die soziale Eingebundenheit der Schülerinnen und Schüler aus, durch die hohe Qualität der Lehrer/-innen-Schüler/-innen-Beziehung wird ein heterogenes Lernumfeld geschaffen.
Um Chancengerechtigkeit gerade auch für Mittelschulschülerinnen und -schüler zu gewährleisten, muss dringend an einigen Stellschrauben geschraubt werden.
Sozialräume
Mittelschulen sind ihren Stadtteilen und ihren Kommunen zugehörig. Sie prägen diese und werden im Gegenzug von ihnen geprägt. Es ist daher besonders wichtig, dass in ihrem regionalen Umfeld als Mehrwert wahrgenommen werden. Wir Junge Liberale Bayern fordern daher eine verstärkte Kooperation von diesen Schulen mit örtlichen Akteuren. Dazu gehören beispielsweise die Zusammenarbeit mit (pädagogischen) Einrichtungen wie dem Jugendring, Jugendtreffs, Jugendhilfe, oder Ausbildungsbetrieben. Auch sollte mit anderen weiterführenden Schulformen eine verstärkte Kooperation stattfinden. Eine derartige, integrative Kommunalpolitik würde den Schulen als auch den Kommunen mehr Bedeutung und gegenseitige Wertschätzung zukommen lassen.
Zudem fordern wir, dass sog. Lernpartnerschaften zwischen Mittelschulen und anderen weiterführenden Schulen ausgebaut werden. Lernpartnerschaft meint dabei die Zusammenarbeit wie gemeinsame Nachmittagsangebote zwischen zwei Schulen, die bei einer Leistungs- und Qualitätsverbesserung an der Mittelschule zu einer Mittelerhöhung an beiden Schulen führt.
Kein Auffangbecken im laufenden Schuljahr
Die Mittelschule fungiert für uns nicht als Auffangbecken für gescheiterte Bildungslaufbahnen, der sogenannten ,,Absteiger” von Gymnasien und Realschulen. Sie bietet vielmehr ein bedarfsgerechtes pädagogisches Angebot, um die Motivation und das Selbstbewusstsein der Schüler und Schülerinnen zu stärken. Sie werden dadurch erfolgreich zu einem oder mehreren Bildungsabschlüssen geführt.
Während eines laufenden Schuljahres kommt es häufig zu Neuzugängen in der Schülerschaft. Diese hohe Fluktuation und die Konzentration von Schülerinnen und Schülern mit ausfälligem Sozialverhalten oder erhöhten Förderungsbedarf beim Lernen sorgt für Unruhe und soziale Selektivität beim Übergang zwischen Klassen und variierende Leistungen.
Wir Junge Liberale Bayern fordern daher für die Mittelschulen analog wie bei anderen Schulen eine Möglichkeit, einen Übertritt im laufenden Schuljahr abweisen zu können. Eine Abweisungsentscheidung muss begründet sein und soll nur auf Grundlage einer Beteiligung aller hiervon betroffenen Akteure ergehen. Das soziale und schulische Wohlergehen der/s betroffenen Schülers/Schülerin ist bei der Entscheidungsfindung besonders stark zu berücksichtigen.
Zersplitterte Struktur
Die Mittelschule ist die einzige Schulart, bei der in fast jeder Jahrgangsstufe sich neue Konstellationen zusammenfinden. Mit den M-Zügen/M-Kurssystemen, Regelklassen, Praxisklassen und 9+2-Modellen können fünf verschiedene Abschlüsse erzielt werden. In der Praxis führt diese Zersplitterung und die damit verbundene andauernde Auslese zu Dauerdruck und Beschämung. Die Schülerinnen und Schüler werden je nach Werdegang nachhaltig demotiviert, wodurch der Förderansatz dieser Schulform einer fragwürdigen Selektionskultur unterliegt. Die notwendige Kontinuität zwischen den Schülerinnen und Schülern untereinander und mit der Lehrkraft darf nicht mit jedem Jahr unterbrochen werden. Die Formen längeren gemeinsamen Lernens müssen mit der strukturellen Differenzierung in Einklang gebracht werden. Nur ein längeres gemeinsames Lernen kann möglichen negativen Folgen entgegenwirken. Daher fordern wir, dass Mittelschulen nicht zwingend in M- und R-Zweige unterteilen müssen. Vielmehr sollen die Schülerinnen und Schüler, die den M-Abschluss anstreben, – unter der Voraussetzung eines bestimmten Quali-Ergebnisses – in der 10. Klasse gebündelt werden können.
Fehlende Ressourcen
Mittelschulen müssen so ausgestattet werden, dass alle Schülerinnen und Schüler mit ihrem jeweiligen pädagogischem und persönlichem Förderungsbedarf ihr individuelles Leistungspotential entfalten können. Dazu fordern wir Junge Liberale Bayern einen besseren Betreuungsschlüssel für die Schülerinnen und Schüler durch:
- Mehr multiprofessionelle Teams; das heißt, dass zwei Pädagogen eine Klasse betreuen können
- Die Einstiegsbesoldung A 13 für Mittel- und Grundschullehrkräfte, um die, Attraktivität des Mittelschullehramts zu erhöhen und so dem fortschreitenden Lehrermangel entgegenzuwirken. Entsprechend soll das Studium für Mittel- und Grundschullehrkräfte mit mehr pädagogischen und psychologischen Inhalten ausgebaut werden
- Umfangreiche Beratungsangebote und einen erleichterten Seiteneinstieg in das Mittelschullehramt für Interessierte anderer Lehrämter
- Zusätzliche Mittel zur Aufstockung des Stundenpools, angesichts des unzureichenden Anrechungsstundenkontingents für Schulleiterinnen und Schulleiter sowie deren Stellvertreterinnen und Stellvertretern
- Eine vorübergehende Beratungs- und Unterstützungsstelle, an die sich Schulen bei Bedarf freiwillig wenden können und prozessbezogen begleitet werden
- Die Sicherstellung und den Ausbau der Schulsozialarbeit und psychologischer Beratung für alle Schülerinnen und Schüler, um Problem – und Konfliktpotential wirksam zu begegnen und um Lehrerinnen und Lehrer vor allem an Schulen in sozialen Brennpunkten zu entlasten
- Die verstärkte Einbindung externer oder/und bezahlter Drittkräfte zur Förderung von Schülerinnen und Schülern durch Freiwilliges Soziales Jahr, Lehramtsstudierende als Schülercoaches, Kooperationen mit dem Chancenwerk e.V. o.ä.
Mehr Selbstbestimmung
Die Stellenbesetzungs- und Verwaltungspolitik des Kultus- und Sozialministeriums führt zu einem großen Flickenteppich, mit dem mehr verhindert als geschaffen wird. So sind insbesondere Zuständigkeit für den Personal- und Sachaufwand nicht klar und teils doppelt zwischen den Schulämtern, Landesämtern und Bezirksregierungen verteilt. Deshalb fordern wir die Verwaltung zu zentralisieren, denn für die Sicherstellung und den Ausbau der Schulsozialarbeit bedarf es einer effizienteren Finanz- und Verwaltungspolitik im Bildungswesen. Um festzustellen, wie viele Stellen eine Schule besetzen kann, sollten die Mittelschulen weiter ihren Bedarf nachweisen.
Gültigkeit: 5 Jahre
Antragsteller: Landesvorstand