Tiere in Deutschland – Leitlinien für den Tierschutz im 21. Jahrhundert

Präambel

In den letzten Jahren und Jahrzehnten ist das Thema Tierschutz immer mehr in den gesellschaftlichen Fokus gerückt, was seinen Ausdruck in Deutschland nicht zuletzt auch mit der Aufnahme in das Grundgesetz findet. Obwohl Tiere sich in ihrer Entwicklung und ihren kognitiven Fähigkeiten stark unterscheiden, ist für die Jungen Liberalen jedes tierische Lebewesen schützenswert und darf nur in seiner körperlichen Unversehrtheit und seiner natürlichen Lebensweise eingeschränkt werden, sofern dies in Verhältnismäßigkeit zum Wohle des Menschen steht. Daraus ergibt sich ein Spannungsfeld, in dem es immer wieder aufs Neue abzuwägen gilt. Ziel muss es auch sein, durch den technischen Fortschritt und die Weiterentwicklung der Gesellschaft den Tierschutz für alle Tiere Stück für Stück weiterzuentwickeln und zu erhöhen. Der Verzehr und das Töten zum Verzehr von Heimtieren unterliegen denselben rechtlichen Bedingungen wie die für Nutztiere.

 

Nutztierhaltung

Nutztierhaltung, also die Haltung von Tieren aus ökonomischen Zwecken, ist die Tierhaltung bei der der jeweilige Nutzen des Tieres für den Menschen, insbesondere die Nahrungs- und Rohstoffmittelgewinnung, im Vordergrund steht. Dennoch darf der Tierschutzgedanke nicht außer Acht gelassen werden. Jedes Nutztier hat das Recht auf einen möglichst schmerzfreien Tod. Ausnahmen darf es, z.B. aus religiösen Gründen beim Schächten, nicht geben. Zudem gilt es lange Transportwege zu Schlachthöfen zu vermeiden. Eine europaweite Begrenzung der Transportdauer ist erstrebenswert. Der Import von tierischen Produkten ist nur zulässig, wenn diese Produktion unter Berücksichtigung der in Deutschland geltenden gesetzlichen Bestimmungen erfolgt ist. Auch Medikamentenverabreichung, wie z.B. die Antibiotikagabe, an Nutztiere muss, auch im Interesse des Verbrauchers, reduziert und stärkerüberwacht werden. Bei Betrieben, die durch besonders häufige Medikamentenvergabe auffallen, müssen auch die Haltungsbedingungen des Betriebs grundsätzlich überprüft werden.

 

Haltung von Vieh und Nutztieren zur Tierproduktion und Gewinnung von Tierprodukten

Die meisten Vorschriften und Richtlinien zur Haltung von Vieh zur Tierproduktion und der Haltung von Nutztieren zur Gewinnung von Tierprodukten werden heutzutage von der Europäischen Union festgesetzt, z.B. über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Nicht alle Mitgliedsstaaten setzten diese konsequent um. Auch im Sinne der Wettbewerbsfairness halten es die Jungen Liberalen für dringend notwendig, hier mehr Druck auf die Mitgliedsstaaten auszuüben, welche die Richtlinien nur teilweise oder gar nicht umsetzten. Gleichzeitig müssen die Richtlinien auf überflüssige und zu bürokratische Maßnahmen überprüft werden. Regelungen die beispielsweise im Eigeninteresse der Halter liegen, gehören abgeschafft.

Versuchstierhaltung

…für kosmetische Zwecke verwendete Tiere

Die Verwendung von Tieren zu Versuchszwecken bei der Entwicklung von Kosmetika ist nicht mehr zeitgemäß und in Deutschland bereits zu Recht verboten. Der technische Fortschritt ermöglicht alternative Testmethoden, die die Verwendung von Tieren überflüssig macht. Das EURL ECVAM (european reference laboratory on alternatives to animal testing) muss schneller und effizienter arbeiten. Eine mögliche Verschiebung des Stichtages lehnen die Jungen Liberalen ab.

 

…für wissenschaftliche Zwecke verwendete Tiere

In der wissenschaftlichen Forschung ist es zum heutigen Zeitpunkt noch nicht möglich, vollständig auf die Verwendung von Tieren zu Versuchszwecken zu verzichten. Solange die sichere Anwendung von Medikamenten beim Menschen nicht anderes gewährleistet werden kann, halten die Jungen Liberalen medizinische Tierversuche für gerechtfertigt. Der Schutz menschlichen Lebens muss immer an erster Stelle stehen. Nichts desto trotz muss auch hier die Erforschung und Zulassung alternativer Methoden vorangetrieben werden. Sonderregelungen wie die die in Deutschland im Rahmen der Novellierung des Tierschutzgesetztes geplante Einführung einer gesonderten Reglung für Affen, welche ein fast vollständiges Verbot der Nutzung von Menschenaffen zu Versuchszwecken vorsieht, lehnen die Jungen Liberalen ab.

 

Wildtierhaltung

Wildtiere im Zirkus

Die Haltung von Wildtiere im Zirkus hat eine lange Tradition, ist aus heutiger Sicht jedoch sehr kritisch zu sehen. Nach Meinung der Jungen Liberalen ist es nicht möglich, Wildtieren unter den Bedingungen des Zirkuslebens, angemessene Lebensbedingungen zu gewährleisten. Wir fordern daher ein konsequentes Haltungsverbot aller Wildtiere in Zirkussen. Die praktische Umsetzung muss mit angemessenen Übergangsfristen erfolgen, ein Wiederbeschaffungsverbot ist ein erster Schritt in die richtige Richtung

 

Tiere in tiergärtnerische Einrichtungen

Aufgabe von tiergärtnerischen Einrichtungen wie z.B. Zoos ist es, Tiere in ihrer möglichst natürlichen Umgebung zu präsentieren. Die Bevölkerung bekommt durch sie die Möglichkeit, verschiedene Tierarten aus aller Welt zu besichtigen. Zudem haben tiergärtnerische Einrichtungen eine gewisse „Arche-Noah“-Funktion bei der Züchtung bedrohter oder in freier Wildbahn bereits ausgestorbener Tierarten. Das Aufgabenspektrum eines Zoos ist seit jeher nicht der Unternehmensgewinn, sondern die Zur-Schau-Stellung der Tiere für die Bevölkerung sowie die Forschung und der Artenschutz. Die häufige öffentliche Trägerschaft solcher Einrichtungen ist nach Auffassung der JuLis allerdings Anlass für die Gemeinden, einen umfassenderen Nutzen aus Tiergärten zu ziehen. Diese ist bspw. möglich durch eine stärkere Kooperation mit ebenfalls öffentlich finanzierten Hochschulen in verschiedenen Forschungsbereichen. Eine genaue Ausgestaltung einer solchen Nutzung der Tiergärten ist der Gemeinde überlassen, sollte aber den Gedanken des Wettbewerbsvorteils für die Hochschule, den Tiergarten/Zoo und die Gemeinde im Hinterkopf haben. Sollte es einer tiergärtnerischen Einrichtung nicht gelingen sämtliche Haltungs- und Schutzvorschriften einzuhalten und/oder eine Tierart dauerhafte Verhaltensauffälligkeiten zeigt, müssen sie die Haltung dieser Arten aufgeben. Diese Tiere müssen dann schnellst möglich in anderen Einrichtungen untergebracht werden.

 

Heimtierhaltung

Heimtierhaltung, also die Haltung von Nutz-, Wild und Haustieren in privaten Haushalten, steht jedem Bürger offen. Es gilt dabei, die von den einzelnen Bundesländern vorgeschriebenen Regelungen einzuhalten. Das in der Novellierung des Tierschutzgesetzes vorgesehene Qualzuchtverbot begrüßen die Jungen Liberalen.

 

Tierkennzeichnung

Eine flächendeckende individuelle Tierkennzeichnung dient der Identifizierung des Tieres und der Zuordnung des Besitzers. In der Tierproduktion und bei der Gewinnung von Tierprodukten kommt ihr eine Schlüsselrolle zu, wenn es um Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Produktionswegen geht. Ohrmarken sind das amtliche Kennzeichen von Nutztieren wie Rindern, Büffeln, Schweinen, Ziegen und Schafen. Kennzeichnungen durch Brandzeichen (z.B. beim Schenkelbrand bei Pferden) oder Tätowierungen (z.B. bei Hunden oder Katzen) sind nicht mehr zeitgemäß und müssen ausnahmslos verboten werden. Siemüssen durch entsprechende andere Möglichkeiten (z.B. Mikrochip-Transponder) abgelöst werde.

Züchter müssen ihre Welpen und Kätzchen künftig vor dem Verkauf chippen und registrieren lassen. Käufer von ungechippten Welpen und Kätzchen, sowie nach einer Übergangszeit auch Käufer von ungechippten Hunden und Katzen, müssen Strafzahlungen drohen. Die Jungen Liberalen halten dies für unumgänglich im Kampf gegen das Aussetzen von Heimtieren und den illegalen Handel mit Welpen und Kätzchen.

 

Einhaltung und Durchsetzung von Tierschutzrichtlinien

Bei Verstoßen gegen Tierschutzrichtlinien besteht ein großes Vollzugsdefizit, welches nach Meinung der Jungen Liberalen unverzüglich anzugehen ist. Alle beteiligten Behörden, insbesondere die lokalen Veterinärämter, müssen die Einhaltung intensiver kontrollieren und Verstöße konsequent ahnden.

Die Jungen Liberalen fordern zudem die Einführung des Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzverbände in Deutschland. Dabei soll die Möglichkeit zur Einrichtung einer Clearingstelle nach österreichischem Vorbild geprüft werden. Diese könnte Themen bündeln und eine Filterfunktion übernehmen, um die Gerichte vor Überlastung zu schützen.


Gültigkeit: unbegrenzt


Antragsteller: BV Unterfranken

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