Präambel
Vor allem Einkommens- und Mehrwertsteuer tragen mit ihrem Aufkommen wesentlich zur Finanzierung des Staatshaushaltes bei. Das größte Potential für den Missbrauch von Steuermitteln birgt die Tatsache, dass Steuern grundsätzlich nicht zweckgebunden erhoben werden, sondern vollständig in die allgemeine Staatskasse fließen. Jede neue, noch so absurde Ausgabe kann daher theoretisch mit höheren Steuern gegenfinanziert werden. Liberale Finanzpolitik gründet sich auf ein genau gegensätzliches Modell: Wenn ein Staat seine Ausgaben möglichst gering hält, belasten er seine steuerzahlenden Bürger weniger. Eine immer höhere Besteuerung dagegen führt zu einem immer aufgeblasenerem Staat, der immer mehr finanzielles Volumen generiert, das er umverteilen kann. Die Jungen Liberalen Bayern stehen zu einem sparsamen Staat, der sich mit möglichst geringen Mitteln finanziert, sodass jedem Bürger mehr von seinem selbst erwirtschafteten Geld bleibt. Die Jungen Liberalen Bayern fordern, dass nicht nur die Steuererhebung im Mehrebenensystem der Bundesrepublik Deutschland grundlegend reformiert werden muss, sondern auch die Verteilung des Steuerertrags zwischen den Ebenen.
Grundlegend gibt es zwei Arten von Steuern. Die, die hauptsächlich zur Staatsfinanzierung erhoben werden auf der einen Seite und sogenannte Lenkungssteuern auf der anderen Seite. Lenkungssteuern wie zum Beispiel die Tabaksteuer lehnen die Jungen Liberalen Bayern generell ab. Es ist nicht die Aufgabe des Staates zu bestimmen, welches Produkt “gut” und welches “böse” ist. Wir setzen uns aber für eine konsequentere Einpreisung möglicher Schäden und finanziellen Nachteile in bestehende Systeme ein. Wir fordern deshalb, auf die Angebote Gebühren zu erheben, die zweckgebunden den jeweiligen Schadensausgleich sowie nötige Investitionen in den Ausbau von Infrastruktur gewährleisten.
Zusammengefasst betrachten die JuLis Bayern Steuern als notwendigen, aber möglichst zurückhaltenden Eingriff in das Eigentumsrecht. Wir fordern ein Steuersystem, das.
- gewährleistet, dass jeder Bürger auf den ersten Blick erkennen kann, aus welchem Grund ihm wie viel seines Eigentums abgenommen wird.
- nicht als Instrument des Staates dient, das Verhalten der Bürger zu beeinflussen.
Vereinfachung
Das deutsche Steuerrecht ist mehr als komplex und versorgt eine ganze Berufssparte. Es ist deswegen in erster Linie notwendig, es sinnvoll zu vereinfachen und zu entschlacken. Die Regelungen des deutschen Steuerrechts verteilen sich über viele einzelne Gesetze und weitere verschiedene Normen. Statt dieser Fülle braucht es ein einheitliches, stark verkürztes und redaktionell neu geordnetes Steuergesetzbuch, in dem alle Steuerarten abschließend geregelt sind. Die verschiedenen Einkommensarten sollen abgeschafft werden. Jegliches Einkommen soll gleich besteuert werden.
Steuersatz
Die Abgeltungssteuer ist abzuschaffen. Kapitaleinkünfte sollen Einkommen aus Arbeit gleichgestellt werden und sind mit dem persönlichen Steuertarif zu besteuern.
Der progressive Steuertarif wird ersetzt durch einen linearen Steuertarif. Dadurch wird die kalte Progression automatisch vermieden.
Freibeträge und Absetzbarkeit von Aufwand
Um eine Erhöhung der Steuerlast für Geringverdiener möglichst zu vermeiden werden die Grundfreibeträge der Einkommensteuer deutlich erhöht. Gerade das liberale Bürgergeld dient dazu, die Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, keine Arbeit haben zu unterstützen. Durch die Verbindung von einem hohen Grundfreibetrag und dem liberalen Bürgergeld lohnt sich so auch Arbeit, die nicht besonders hoch bezahlt ist (Senkung der Transferentzugsrate). Zudem wird den Menschen die Möglichkeit gegeben, genau das mit ihrem Leben zu tun, was sie wollen. Dieses Modell fördert auch Lebensweisen, die nicht der Norm entsprechen. So wird in ein breites gesellschaftliches Engagement investiert ohne fehlgeleitete Steuerungsmaßnahmen des Staates abwarten zu müssen.
Zudem sind die meisten einzelnen Regelungen zur Absetzbarkeit von Ausgaben abzuschaffen, um die Ausnahmen drastisch zu reduzieren und zu straffen. Unter anderem werden dabei die Pendlerpauschale und die Absetzbarkeit von Ausgaben für doppelte Haushaltsführung gestrichen. Im Gegenzug wird der Pauschalbetrag, der abgezogen werden darf, erhöht.
Abschaffung komplizierter Bagatellsteuern und anderer lenkenden Verbrauchssteuern
Die Jungen Liberalen Bayern sprechen sich für die Abschaffung jeglicher Bagatellsteuern aus. Zum großen Teil handelt es sich bei diesen um Lenkungssteuern, die aufgrund von Moralvorstellungen erhoben werden. Vor allem aber ist es in den meisten Fällen finanziell nicht lohnend, diese Steuern einzutreiben.
An Jagd- und Fischereisteuer sowie der Hundesteuer sieht man, dass der Staat in das Verhalten der Menschen eingreifen will. Es gibt in Jagd und Fischerei bereits genug Auflagen, die das Verhalten regeln sollen. Dass der Staat Jagd und Fischerei als problematisch ansieht, darf sich in keiner Weise in den Handlungen gegenüber dem Bürger widerspiegeln. Durch künstliche Verteuerung tut der Staat aber genau dieses. Aus diesem Grund sind diese Steuern abzuschaffen. Auch andere lenkende Verbrauchssteuern wie die Tabak-, Branntwein-, Bier-, Schaumwein- und Kaffeesteuer sollen abgeschafft werden.
Die JuLis Bayern sprechen sich ausdrücklich gegen Steuern aus, deren Erhebung mehr oder nahezu genauso viele Kosten verursacht wie ihre Erhebung Einnahmen generiert.
Wahre Mietpreistreiber abschaffen, Wohneigentum erleichtern
Die Grundsteuer, die für jedes Grundstück in privatem Eigentum erhoben wird, wird ersatzlos abgeschafft. Die Steuer entfällt auf den bloßen Besitz von Grund und Boden, unabhängig davon, ob er auch zur Erzielung von Mieteinnahmen genutzt wird oder nicht. Deshalb verstößt die Grundsteuer gegen das dem Steuerrecht zugrundliegende Leistungsprinzip. Zudem darf die Grundsteuer ohnehin, sofern solche vorhanden sind, auf die Mieter umgelegt werden, was die Mieten zusätzlich und künstlich in die Höhe treibt.
Zusätzlich sind auch die Grunderwerbsteuer und das Grunderwerbsteuergesetz abzuschaffen. Der bloße Eigentümerwechsel bei einer Immobilie sollte kein steuerbarer Vorgang sein. Die Grunderwerbsteuer verteuert den privaten Erwerb einer eigenen Immobilie immens. Die Hoheit über den Steuersatz bei der Grunderwerbsteuer liegt bei den Bundesländern, was dazu führt, dass die Landesregierungen an dieser Schraube sehr schnell drehen, wenn sie mehr Einnahmen generieren wollen. Bis zur Abschaffung der Grunderwerbsteuer fordern die Jungen Liberalen Bayern die Bayerische Staatsregierung auf, auf jede Erhöhung des Steuersatzes zu verzichten.
Familien im Steuerrecht
Das Ehegattensplitting ist zugunsten eines Familienrealsplittings abzuschaffen: Jedem Elternteil wird ein halbes Kind zugeordnet, auf das das Gehalt mit verteilt wird. So wird durch das Familienrealsplitting das Aufziehen von Kindern subventioniert, nicht die Alleinverdienerehe. Die Änderung des Modells darf aber nur auf noch zu schließende Ehen angewendet werden. Bei Umsetzung des Flattax-Modells wird jedes Kind zur Hälfte jedem Elternteil in Form einer Erhöhung des Freibetrags zugeordnet.
Im Zuge dessen werden auch die bestehenden Lohnsteuerklassen abgeschafft, die Wahlmöglichkeiten für Ehepaare entfallen. Stattdessen werden Kinder als Faktor in die Lohnsteuerberechnung einbezogen, dies ist konsequent zum Familienrealsplitting.
Selbstständige und Gewerbetreibende
Die Unterscheidung von Gewerbetreibenden und Freiberuflern ist abzuschaffen. Vermeintlich elitären und akademischen Berufen Vorteile einzuräumen gegenüber anderen Gewerbetreibenden entstammt einer anderen Zeit. Alle nicht-abhängig Beschäftigten sollen ab einem gewissen Jahresumsatz verpflichtet sein, eine Steuerbilanz aufzustellen.
Die umstrittene Gewerbesteuer soll abgeschafft werden. Stattdessen sollen die Kommunen das Recht bekommen, einen Hebesatz auf Einkommen- und Körperschaftsteuer anzuwenden, den sie wie bisher selbst festlegen können. Der “Kommunenzuschlag” trifft alle Steuerpflichtigen gleichermaßen und sorgt gleichzeitig dafür, dass die Gemeinden weiter in Wettbewerb treten können.
Die Länder beziehen nicht mehr einen festen Anteil des gesamten Steueraufkommens aus Einkommenssteuer bzw. Körperschaftssteuer, sondern können künftig auf Basis der Bemessungsgrundlage und der Freibeträge des Bundes, eigene Tarife bei diesen Steuerarten – unabhängig von den Tarifen des Bundes festsetzen. Alle Stufe des Länderfinanzausgleichs entfallen. Wir setzen uns für eine strenge Einhaltung des Föderalismus und der Konnexität ein: Steuern von denen verschiedene staatliche Ebenen profitieren, werden intransparent und lassen sich leichter erhöhen.
Besteuerung von Gesellschaften
Die Besteuerung von Gesellschaften gehört zu den kompliziertesten Disziplinen des Steuerrechts. Dieses System muss radikal vereinfacht werden. Alle Gesellschaften, egal ob Kapital- oder Personengesellschaften, werden gleich behandelt, der Gewinn wird auf Ebene der Gesellschaft ermittelt. Die Gesellschaft selbst ist verpflichtet zur Abgabe einer Steuererklärung und zahlt selbst Steuern. Der Steuersatz für Gesellschaften beträgt 15 Prozent (wie er im Moment für Kapitalgesellschaften gilt). Die nochmalige Besteuerung der Erträge, wenn sie dem Gesellschafter zufließen, ist hinzunehmen und wird nicht durch komplexe Befreiungsregelungen kompensiert.
Erbschaftssteuer
Die Erbschaftsteuer ist abzuschaffen. Einmal versteuertes Geld darf nicht nochmal versteuert werden. Zudem ist die Sorge für die eigenen Kinder ein zentrales und berechtigtes Anliegen aller Eltern.
Verfahrensvereinfachungen
Die Abgabe einer Steuererklärung muss vollkommen papierlos möglich sein. Bis zur Einführung der Flattax sind die Verfahren der Steuererhebung deutlich zu vereinfachen. Auch die Belege dürfen deshalb eingescannt digital versendet werden statt bisher per Post. Das Finanzamt erhält die Möglichkeit, Bescheide ausschließlich digital zu versenden. Das ELSTER-Programm, mit dem Steuererklärungen offiziell versandt werden müssen, muss einer umfassenden Modernisierung unterzogen werden. In seinem derzeitigen Zustand ist es nur für Kenner der Materie sinnvoll nutzbar. Zudem ist das Verfahren der Steuerveranlagung generell einer umfassenden Prüfung zur Entbürokratisierung zu unterziehen.
Kirchensteuer
Die Einziehung der Kirchensteuer durch die Finanzämter soll beendet werden. In unserem säkularen Staat sollen Kirchen und Religionsgemeinschaften ihre Mitgliedsbeiträge selbst organisieren, denn Religion ist für uns liberale Privatsache, nicht Aufgabe des Staats.
Solidaritätszuschlag
Unterstützungszahlungen müssen, sofern nötig, nach Bedarf für Bereiche wie Infrastruktur und Bildung gezielt an Kommunen gegeben werden. Die Fehler kommunaler Misswirtschaft dürfen nicht durch die Bürger ausgebadet werden. Es ist aber nicht sinnvoll, pauschal ganze Bundesländer zu fördern. Auch hier muss mit Augenmaß und Bedacht vorgegangen werden.
Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung kann aufgrund der Vereinfachung der steuerlichen Regeln nach und nach entschlackt werden. Neueinstellungen sollen vorrangig in den Bereichen Betriebsprüfung und Steuerfahndung getätigt werden.
Die Zahlerländer des Länderfinanzausgleichs stellen derzeit keine neuen Betriebsprüfer ein. Diese bringen zwar massive Mehreinnahmen, aber die fließen ohnehin über den Länderfinanzausgleich wieder ab. Die Personalkosten hingegen bleiben bei den Ländern. Demnach verzichtet man lieber auf Einnahmen. Steuern, die ein sogenanntes “praktisches Vollzugsdefizit” aufweisen, sind gesetzgeberisch abzuschaffen. Diese Praxis darf nicht weitergeführt werden.
Steuerstrafverfahren
Die Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung ist beizubehalten. Opfer der Steuerhinterziehung ist die Staatskasse, die Hemmschwelle ist deshalb gering, weil keine direkte Beschädigung eines anderen Menschen vorgenommen wird. Steuerhinterziehung schadet der gesamten Gesellschaft, sie trifft aber kein direktes und identifizierbares Opfer. Das Interesse des Staats ist in erster Linie das Zurückerhalten des Geldes, nicht möglichst hohe Bestrafung. Schafft man die Selbstanzeige ab, bleibt der Staatssäckel leer und die Gefängnisse werden voll. Das nützt niemandem. Gerade mit dem hier vereinfachten Steuersystem wird aber Steuerhinterziehung erschwert. Wir setzen als Gegenmaßnahme aber auf mehr Fahnder um die bestehenden Gesetze durchzusetzen, als auf immer neue gesetzliche Regelungen.
Die Regelungen zur Steuerhinterziehung und schweren Steuerhinterziehung müssen vereinfacht und verdeutlicht werden. Eine klare Staffelung des Strafrahmens anhand hinterzogener Summe kann angedacht werden und würde Klarheit schaffen. Zusätzlich soll die nachzuzahlende Steuerschuld erhöht werden, beispielsweise auf 150 % der ursprünglich festgesetzten Steuer.
Gültigkeit: 10 Jahre
Antragsteller: Landesvorstand